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Haushaltsrede zur Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021

In der letzten Ratssitzung des Jahres am 12. Dezember wurde der Doppelhaushalt 2020/2021 verabschiedet. Zu diesem Anlass wurden die Haushaltsreden der Fraktionen gehalten.

Im folgenden die Haushaltsrede von Frank Schmidt, der diesmal für unsere Fraktion an der Reihe war.

Unsere drei Ratsherren Peter Arnusch, Thorsten Kiszkenow und Frank Schmidt

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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Die Zukunft gestalten statt den Mangel verwalten – dies war vor knapp vier Jahren der Anspruch, den unsere Fraktion an den Doppelhaushalt 2016/2017 gestellt hat. Ein Anspruch, der zum geflügelten Wort geworden ist und von einem der politischen Mitbewerber zwischenzeitlich sogar zum Wahlkampfslogan erhoben wurde.

Zwei Haushalte später, nach harten Jahren der Konsolidierung, nach schmerzhaften, zum Teil entwicklungshemmenden HSP-Maßnahmen, ist das Tal der Tränen zwar längst nicht durchschritten, doch mittlerweile ist auch in Teilen der Allianz die Erkenntnis spürbar, dass es bei aller Finanzdisziplin unaufschiebbare Investitionen braucht, wenn die Kommune in eine vitale Zukunft gesteuert werden soll. Und manchmal gelingt sogar der Spagat zwischen Sparnotwendigkeiten und kostspieliger Zukunftsgestaltung.

Ich blicke da vor allem auf den Bereich ÖPNV. Rund drei Millionen Euro investiert die Stadt Hagen künftig zusätzlich in den Busverkehr, der ab dem 15. Dezember jährlich um 1,2 Millionen Fahrkilometer ausgeweitet wird. Natürlich sind die Ansprüche, die an eine neu gedachte Stadtmobilität gestellt werden müssen, damit nicht erfüllt. Natürlich müssen diesem ersten Schritt weitere folgen, wenn der Umstieg vom Auto in den Bus zur Massenbewegung werden soll. Und doch ist diese vom Arbeitskreis ÖPNV auf den Weg gebrachte Angebotserweiterung ein respektables und bemerkenswertes Ergebnis, wenn man auf die anfänglich kontroversen Diskussionen zwischen Politik, Verwaltung und Verkehrsplanern blickt.

Am Ende siegte der Wille zur konstruktiven Sacharbeit, und es zeigte sich, dass Opposition und Allianz durchaus zu vernünftigen, gemeinsamen Arbeitsergebnissen kommen können. Der neue Nahverkehrsplan muss der nächste Meilenstein auf dem Weg zu einer umweltverträglicheren Stadtmobilität sein. Für die Fraktion Bürger für Hohenlimburg/Piraten Hagen ist dabei klar: Die Akzeptanz des Beförderungsmittels Bus kann nicht mit ideologisch motivierten Restriktionen gegen Autofahrer herbei gegängelt werden, sie muss sich über weitere Verbesserungen des Angebots und attraktivere Fahrpreise in den Köpfen der Menschen etablieren.

Gewiss, es bedurfte schon eines kräftigen Anschubs, um die auf vielen Themenfeldern eher übersichtlich ausgeprägte Gestaltungsfreude der Allianz zumindest in Sachen Busverkehr zu wecken. Neben der Opposition, die hier von Anfang an Druck gemacht hat – unsere Fraktion vor allem hinsichtlich notwendiger Verbesserungen im Spät- beziehungsweise Nachtverkehr – war es die Schülerbewegung „Fridays for Future“, die ein „Weiter so“, ein Verwalten des Mangels, auch in Hagen nicht länger erdulden wollte und will.

Beeindruckt von der Wucht der Klimademonstrationen und die Kommunalwahlen 2020 im Blick, rief der Rat einstimmig den Klimanotfall aus. Nicht alles, was in diesem Umstand wurzelt, trägt freilich sinnvolle Früchte. Seit Wochen nun liefern sich die Fraktionen eine vogelwilde Schlacht um die raffiniertesten und innovativsten Klimaschutzideen. Keine Hundehütte im Stadtgebiet, die nicht auf ihre Eignung als Fläche für Dachbegrünung oder Photovoltaik geprüft werden soll, keine Straßenlaterne, die nicht zur E-Auto-Steckdose aufgerüstet werden könnte. Die Rathausluft ist erfüllt von Forderungen nach Plastikbecher- und Inlandsflugverboten.

In diesem Sinne erfreuten sich die Beratungen über die Haushalts-Veränderungsliste eines frisch erblühten Allianz-Aktivismus. So finden sich zum Beispiel ein Konzept für Wildblumenwiesen, ein Fußgängerbeauftragter und ein Schmetterlingszähler, wie der einzustellende Artenschutzbeauftragte bereits genannt wird, im Beschlusskatalog. Mittel zur Umsetzung eines „Ökologischen Grünflächenmanagements“, die der Naturschutzbeirat aus fachkundiger Sicht gefordert hatte, wurden hingegen nicht beschlossen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, die Gremien der Stadt Hagen haben in der Vergangenheit reichlich Konzepte, Pläne und Kataloge diskutiert und verabschiedet – Masterplan Grün, Masterplan Mobilität, Luftreinhaltungsplan, Klimaanpassungskonzept, Klimaschutzkonzept, Radverkehrskonzept, Handlungskonzept Grüne Infrastruktur und manches mehr. Es wäre jetzt mal an der Zeit, diese Pläne endlich umzusetzen, statt neue Beauftragte einzustellen, die weitere ambitionierte Konzepte auf geduldiges Papier schreiben.

Die Stadt Hagen aber wird sich diese Experten dennoch leisten, denn Pöstchen sind der Kitt, der die ideologisch so heterogene Allianz zusammenhält. Da ist dann auch der Kämmerer plötzlich nicht mehr kleinlich. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn es um ganz praktische Zukunftsgestaltung geht. Keinen zusätzlichen Handlungsbedarf sieht die Allianz nach wie vor in Sachen Fördermittelmanagement, was für meine Fraktion unbegreiflich bleibt. Mit gerade einmal einer halben Stelle tritt die Großstadt Hagen der Herausforderung entgegen, für Projekte und Investitionen Fördermittel zu generieren. Die eigentliche Zuständigkeit für Förderanträge verbleibt in den Fachbereichen, die, wie der Personalrat vor wenigen Monaten öffentlich beklagte, ohnehin schon vielfach unterbesetzt sind.

Wie man da noch den Überblick über eine Fördermittellandschaft behalten soll, die sich nur auf mehreren hundert Seiten überhaupt katalogisieren lässt, bleibt mir ein absolutes Rätsel. Es kommt eben nicht von ungefähr, dass die Stadt Hagen viel zu oft leer ausgeht, wenn qualifizierte Förderanträge gefragt sind. Ich weiß nicht, ob Sie, sehr geehrter Herr Gerbersmann, allein vor den zu erbringenden Eigenanteilen zurückschrecken, oder was sonst der Grund dafür ist, dass Hagen die Hand nur halbherzig nach Fördergeldern ausstrecken darf. Ich bin mir aber sicher, dass sich die vier zusätzlichen Mitarbeiter, die wir in diesem Bereich vergeblich gefordert haben, mehr als amortisiert hätten.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat im Zuge der Haushaltsberatungen gewiss keine maßlosen Wunschlisten aufgestellt, um dem Wähler zu suggerieren, was alles Wirklichkeit würde, wenn wir das Sagen hätten. Da, wo wir zusätzliche Aufwendungen gefordert haben, haben wir zuvor gründlich recherchiert, und wenn wichtige Aufgabenbereiche von uns als nicht gut aufgestellt erkannt wurden, dann haben wir versucht, das zu ändern.

Hier komme ich auf den Allgemeinen Sozialen Dienst zu sprechen, der vom Papier her zwar aktuell alle Stellen besetzt hat, dennoch aber nicht mehr leistungsfähig genug ist, um seine Arbeit in den Stadtbezirken versehen zu können. Stattdessen werden alle Mitarbeiter im Rathaus II konzentriert, und die so wichtige Präventions- und Vernetzungsarbeit in den Bezirken bleibt auf der Strecke. Leidtragende sind Menschen, die sich kaum wehren können, handelt es sich doch in aller Regel um die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft. Wie schon bei der von Ihnen gebilligten Schließung der Jobcenter-Außenstellen zu Beginn Ihrer Amtszeit, Herr Oberbürgermeister Schulz, kriecht aus der Plüschetage des Hagener Rathauses erneut eine soziale Kälte in die Stadtbezirke, an die sich unsere Fraktion niemals gewöhnen wird und die zu benennen wir nicht müde werden. Die 8,5 zusätzlichen Stellen, die wir für den ASD gefordert haben, waren präzise am Bedarf errechnet, wurden aber gleichwohl von der Allianz abgelehnt.

Spielräume für mehr Mut zur Zukunft gibt es auch in einer Haushaltssicherungskommune reichlich. Zu diesem Schluss komme ich schon allein, wenn ich darauf blicke, dass trotz des engen Personalkorsetts genug Zeit bleibt, um die Bediensteten der Stadt Hagen umfänglich in gendergerechter Sprache zu schulen. Während Bürger-Angelegenheiten auf ihre Bearbeitung warten, lernt das Rathauspersonal den unfallfreien Umgang mit Gendersternchen und Binnen-I, damit sich nach jahrzehntelang unbeanstandetem Gebrauch des generischen Maskulinums bloß niemand auf den Schlips getreten fühlt. Meine Damen und Herren, ich habe meine Zweifel, ob eine Kommune um so viel besser für die Zukunft aufgestellt ist, wenn in Rathäusern statt Dilettanten künftig Dilettierende am Werk sind und in Ratssälen nicht mehr Stadträte, sondern Stadtratende die Entscheidungen treffen.

Spielräume gäbe es überdies auch, weil von den geplanten Investitionsmaßnahmen in einem Haushaltsjahr nahezu 50 Prozent nicht ausgeführt werden. Beträge in Millionenhöhe stünden theoretisch für andere Investitionsmaßnahmen zur Verfügung, kommen aber nur zu einem Bruchteil zum Einsatz, weil die Politik – zumindest die Opposition – viel zu spät über geplatzte Maßnahmen informiert wird. Angeblich sei dies nicht zügiger möglich. Bei den seltenen Allianzprojekten hingegen zaubert der Kämmerer unvermittelt Teile dieser Mittel aus dem Hut, ohne dass die Opposition jemals die Chance gehabt hätte, über eine alternative Verwendung des Geldes nachzudenken. Meine Damen und Herren, die Informationen über frei werdende Gelder gehören unverzüglich und vollumfänglich in den politischen Raum, denn dort liegt die Gestaltungshoheit auch in den Kommunen.

Unsere Fraktion wird den vorgelegten Haushaltsplan heute ablehnen. Zwar steckt in diesem Zahlenwerk ein gutes Stück Opposition, wenn ich an so manchen von der Allianz adaptierten und modifizierten Vorschlag aus den Reihen von SPD, Linken oder uns denke. Echte Möglichkeiten zu konstruktiver Zusammenarbeit fanden sich im Zuge der Haushaltsplanung jedoch kaum. Wir hoffen sehr, dass sich das künftig ändert, denn es gibt keine ideologischen oder taktischen Schranken, die unsere Fraktion von einem Zusammenwirken mit den demokratischen Kräften dieses Hauses abhält.

Ich danke Ihnen!

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