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Interview im Stadtanzeiger BfHo/Piraten: „Gestalten statt den Mangel verwalten“

Frank Schmidt

Frank Schmidt

Hagen. Die Karten in den Fachausschüssen und Beiräten des Hagener Stadtrates werden am 28. Januar noch einmal neu gemischt: Wie Oberbürgermeister Erik O. Schulz ankündigte, werden diese Gremien im Rahmen einer Sondersitzung des Rates komplett neu gewählt. Nötig ist dies, weil der Zusammenschluss Bürger für Hohenlimburg/Piraten Hagen die juristische Auseinandersetzung um ihre Anerkennung als Ratsgruppe gegen die Stadt Hagen gewonnen hat und nun in den Ausschüssen zu beteiligen ist. Der Stadtanzeiger sprach mit BfHo/Piraten-Ratsherr Frank Schmidt darüber, wie die Ratsgruppe mit ihren neu gewonnenen Möglichkeiten umgehen wird, welche Ziele sie ansteuert und was sie für Hagen erreichen möchte.
Stadtanzeiger: Mehr als eineinhalb Jahre sind seit den Kommunalwahlen 2014 vergangen. Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis BfHo und Piraten als Ratsgruppe anerkannt wurden?
Schmidt: Politik ist leider selbst auf kommunaler Ebene noch immer ein weitgehend moralfreies Spiel um Macht, Geld und Einfluss. Angesichts der großen inhaltlichen Schnittmenge zwischen Piraten und BfHo, die auch vom Vorsitzenden Richter in unserer Verhandlung am Verwaltungsgericht Arnsberg betont wurde, hätte es von Anfang an keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit unserer Gruppe geben dürfen. Spätestens aber nach dem nicht anfechtbaren Urteil des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 12. Dezember 2014 in einem gleich gelagerten Fall hat der Oberbürgermeister im Namen der Stadt Hagen einen politischen Prozess gegen uns geführt. Nach diesem Urteil reicht die Willensbekundung zum gemeinsamen politischen Zusammenwirken für eine Anerkennung aus. Es ging somit nicht ums Recht, sondern nur darum, unseren Einfluss klein zu halten.
Stadtanzeiger: Die Möglichkeiten zur politischen Mitwirkung werden ja nun größer. Wozu wollen Sie diese Möglichkeiten nutzen?
Schmidt: Wir wollen möglichst viel vom gemeinsamen Programm verwirklichen. Drei wesentliche Grundsätze: Die Stadt soll eine dezentral e Infrastruktur vorhalten. Der Schutz von Mensch, Tier und Umwelt soll Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen genießen. Die Förderung des Breitensports soll Vorfahrt vor dem Spitzensport haben.
Stadtanzeiger: Was heißt das konkret?
Schmidt: Schauen Sie sich doch mal die schmucke Hagener Innenstadt an und vergleichen Sie die Entwicklung in Nebenzentren wie Hohenlimburg und Haspe damit. Da wird ganz klar, welche Politik Parteien wie CDU, SPD, Hagen aktiv, FDP oder auch Grüne bis heute durchsetzen. Auch die Verwaltung verfährt nach dem Motto: Alles ins Zentrum. Wir hingegen wollen Lebensqualität und vitalen Handel auch in den Nebenzentren. Dazu gehört zum Beispiel zwingend, dass man nicht funktionierende Fußgängerzonen befahrbar macht. Wir favorisieren hier das Modell Shared Space, das ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Autofahrern und Fußgängern ermöglicht. In Sachen Wirtschaft haben wir derzeit die Diskussion um die wegen der intensiven Subventionierung hochprofitablen Windräder. Da hat für mich der Schutz des Menschen vor den damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen klar Vorrang vor den finanziellen Interessen von Enervie und Mark E.
Stadtanzeiger: Welchen Eindruck haben Sie seit ihrem Einzug in den Stadtrat von der dortigen Arbeit gewonnen?
Schmidt: Einen traurigen. Die große Mehrheit hat kein Leitbild, wo es mit Hagen überhaupt hingehen soll. Gerade in den großen Parteien mit ihren alten Kämpen fehlt es an Kreativität, an Zielen und Visionen, die mit Leidenschaft verfolgt werden. Stattdessen wird der Mangel verwaltet. Wie absurd dies ist, zeigt sich am Beispiel von Zuschüssen an Beratungsstellen, etwa für Essgestörte oder Schwangere in Konfliktsituationen. Die wenigen Tausend Euro, die für diese mitunter lebensrettenden Stellen nötig sind, werden immer wieder zur Disposition gestellt. Hier und dort sieht sich der Rat unter dem von höherer Stelle diktierten Sparzwang genötigt, wichtigen Hagener Einrichtungen die knappen Gelder abzuzwacken. Und dann brechen der Stadt mal eben 17 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen weg, und obendrauf müssen der kriselnden Enervie 30 Millionen Euro zugeschossen werden. Ein verheerendes Zeichen war zudem, dem geschassten Enervie-Vorstandssprecher Grünhagen eine Millionen Euro Abfindung zuzubilligen. Allein mit dieser Million könnte man manche der Beratungsstellen 50 Jahre und mehr am Leben erhalten. Ein solcher Irrwitz ist im Rahmen der Haushaltskonsolidierung höchst kritisch zu hinterfragen. In Hagen wird leider immer weiter auf Kosten der Schwachen gespart, während die Eliten unter OB Schulz nach wie vor komfortabel bedient werden.
Stadtanzeiger: Sie scheinen vom Oberbürgermeister nicht sonderlich begeistert zu sein…
Schmidt: In Teilen bin ich durchaus angetan von Erik O. Schulz. Als Repräsentant ist er kontaktfreudig, eloquent und tritt überzeugend auf. Politisch aber ist er als parteiloser Ex-Sozialdemokrat ohne wirkliche Hausmacht; da hat man eher den Eindruck, der Kämmerer gibt den Takt vor. Und durch die Verwaltung ist seit seinem Amtsantritt auch kein wirklicher Ruck gegangen: Man rettet sich von einem Tag zum nächsten.

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